Paläo Vegan
Paläo Vegan
(Rating: 48%)
” Ein veganes Paläo-Kochbuch? Heißt das, dass man dann gar nichts mehr essen kann? Weit gefehlt. Denn die Vorstellung, dass die Paläo-Ernährung größtenteils aus Fleisch besteht, stimmt so nicht. Ein Großteil der Paläo-Ernährung besteht aus Samen, Kräutern und Beeren, womit man sich sehr gut, ausgewogen und genussreich ernähren kann. Ellen Jaffe Jones hat in ihrem Buch über 80 außergewöhnliche und leicht nachzukochende Rezepte zusammengetragen, die sowohl der veganen als auch der Paläo-Küche gerecht werden. Mit zahlreichen Tabellen sowie genauen Nährwertangaben bei jedem einzelnen Gericht liefert Ellen Jaffe Jones ein umfassendes Standardwerk, das keine Fragen offenlässt. “
Heute geht es um ein Buch dass einen sehr eigenartigen Titel trägt. Paläo Vegan von Ellen Jaffe Jones und Alan Roettinger. Das Buch versucht eine Brücke zu schlagen zwischen Paläo und Vegan. Für die Menschen die sich noch nicht ganz so gut mit den neuesten Ernährungstrends auskennen: Paläo bedeutet eine Kost aus frischen und unverarbeiteten Lebensmitteln, wo ein besonderer Fokus auf einem hohen Anteil an Proteinen zu finden ist und auch gesunde Fette nicht fehlen dürfen. Vegan bedeutet lediglich, dass man sich ohne tierische Inhaltsstoffe ernähren möchte.
Während Paläo ganz klar auf die Gesundheit ausgerichtet ist, gibt es unter den Veganern auch eine große Gruppe, die einfach nur kein Tierleid unterstützen möchten. Schon da wird deutlich dass die Autorin ziemlich verallgemeinert indem sie der Auffassung ist dass vegane Ernährung auch immer automatisch das Ziel in sich trägt gesund zu sein und damit eben den Brückenschlag unter falschen Voraussetzungen einleitet. Es gibt durchaus genug Veganer die raffinierten Zucker zu sich nehmen, sogenannte Puddingveganer, als auch Veganer die sich nicht für unverarbeitete Produkte interessieren sondern genüsslich die Fertiggerichte diverser Anbieter in vollen Zügen genießen. Man erkennt hier schon auf der ersten Seiten, dass die Autorin eher aus dem Paläo Lager kommt, als aus der veganen Ecke. Also wird in den einführenden Worten darauf hingewiesen, dass sich dieses Buch eben direkt an den Menschen wendet die gesundheitsbewusst vegan leben möchte, aber mit einem hohen Anteil an unverarbeiteten Lebensmitteln.
So in etwa ist dann auch die Definition von veganer Rohkost. Mit diesem Gefühl geht es dann in die Produktkunde, wo man erklärt bekommt, wie auch Veganer an Eisen, Kalzium und andere Nährstoffe kommen. Es ist dann in Tabellen der Gehalt an den besagten Nährstoffen für verschiedene Lebensmittel aufgezeigt, nur stellt man irritiert fest dass da bereits 60-70% der Lebensmittel als gekochte Nahrung aufgeführt ist. Diese Phase der Irritation wird aber dann seitens der Autorin sofort in den nächsten Seiten aufgelöst indem man durchaus sehr lang und breit die Vorzüge des Tricksens und des Schummelns aufzeigt und auch darauf hinweist, dass dies eigentlich schon immer der Kern von Paläo Diäten gewesen ist. Und so langsam bekommt man als Leser den Eindruck dass man hier den theoretischen Teil getrost als nicht ganz ernstzunehmenden, löchrigen und lockeren Einstieg in den Rezepteteil sehen sollte.
Der Eindruck wird dann auch verstärkt wenn man sieht, dass Zutaten wie die Süßkartoffel, die Hauptbestandteil der Ernährung der Einwohner von Okinawa, also dem Ort auf der Erde ist, die den höchsten Anteil an Über Hundertjährigen stellt, als nur gelegentlich zu konsumieren eingeordnet wird. Und um den Ganzen noch die Krone aufzusetzen wird die Süßkartoffel im beiligenden Rezept dann auch noch gekocht, obwohl die Paläo Prinzipien ja möglichst unverarbeitete Lebensmittel propagieren. Auch wird keine Unterscheidung der einzelnen Nussarten unternommen. Gerade hinsichtlich der Bedeutung von Fetten in der Paläo Ernährung wundert man sich dass da Themen wie der Omega 3 Gehalt und ähnliches von diversen Nussarten nicht thematisiert wird.
Positiv muss man dann noch anmerken dass die Autorin die besondere Qualität von Wildkräutern hervorhebt und auch deren Bedeutung in einer gesunden Ernährung. Auch dass die Individualität der Menschen generelle Ernährungsprinzipien quasi ausschliesst wird von der Autorin löblicherweise klargestellt.
Also bei einem Wissensbuch hätte ich nach den ersten 30 Seiten dieses Buch weggelegt und einen Stern bei Amazon angeklickt und das wäre es dann gewesen. Aber der Hauptteil des Buches sind ja die Rezepte. Und dann wendet sich das Blatt. Die Rezepte sind dann wirklich sehr gut. Sie sind größtenteils mit normalen Zutaten, einfach zu besorgen und auch einfach zuzubereiten. Klar kategorisiert und durchweg als gesund zu bezeichnen. Sie haben bis auf die Salate allerdings wenig mit den Paläo Prinzipien zu tun, denn da wird fast in jedem Rezept gekocht und gebraten was das Zeug hält. Und so wird dann Topinambur natürlich auch verarbeitet indem es geschält & gekocht wird und letztlich hat man dann irgendwie den Eindruck dass der Rezepteteil eigentlich so gar nichts mit dem Theorieteil zu tun hat, was aber ehrlich gesagt auch kein Nachteil ist, da wie ausgeführt dieser erste Teil lieber übersprungen werden sollte, da hier kreuz und quer durchs Ernährungs ABC geschossen wird, nur um am Ende immer wieder auf die Wichtigkeit des Schummelns und Tricksens hinzuweisen.
Letztlich drängt sich nach der Lektüre der Eindruck auf, dass man hier mit der Wortkombination paläo vegan einfach einen Marketingcoup schaffen wollte, der allerdings meiner Meinung nach, aufgrund des furchtbar inkonsequenten, sich widersprechenden und schlecht recherchierten ersten Teils, komplett nach hinten losgeht. Aber der Hauptteil sind nun mal die Rezepte. Und dieser Teil ist ohne den Anspruch ein bestimmtes Konzept zu verfolgen, außer dass es vegan ist, wunderbar und absolut zu empfehlen. Wenn also das Buch einfach als veganes Kochbuch herausgegeben würde, würde es eine gute Bewertung von mir erhalten. Da es aber sich in die Tiefen der Ernährungslehre gewagt hat und sogar avantgardistisch glänzen will muss man hier darauf hinweisen, dass dieses Buch überhaupt nicht die Erwartungen erfüllt die man an ein solches Buch stellt. Dazu ist der wissenschaftliche Stand, dass vollwertige Kohlenhydrate das Kernelement einer gesunden Ernährung sind und ein Zuviel an Proteinen eher gesundheitlich bedenklich ist.
Als Gesundheitsratger wäre man wohl bei 10-12% und als veganes Kochbuch bei 80-85% gelandet. Da aber die Kombination bewertet werden muss, bleiben es 48%